Ölpreisschock! Von Unruhen, Zockern und der Weltwirtschaft!

*Oliver Roth 

Der Ölpreis steigt und die Börsen geraten unter Druck. Die brüchige Weltkonjunktur kann sich besonders jetzt keinen Ölpreisschock leisten. Verantwortlich für den hohen Ölpreis sollen die Unruhen in Nordafrika sein. Politische Börsen haben ja meist kurze Beine, könnte man da hoffen. Aber die Hoffnung wird sich nicht auszahlen.

Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung in Nordafrika setzen den Börsen derzeit zu. Zuerst Tunesien, dann Ägypten und jetzt Libyen. Die Lage ist gespannt und das lässt die Anleger vor einer Ausweitung der Unruhen in den Persischen Golf zittern. Besonders Ölspekulanten reiben sich deshalb die Hände. Der befürchtete Dominoeffekt verunsichert Investoren, was den Wetten auf Öl mächtig Auftrieb gibt. Die fundamentalen Fakten sind jedoch folgende: Mit einer spürbaren Verknappung des „schwarzen Goldes“ ist in Deutschland in unmittelbarer Zukunft nicht zu rechnen, da die Hauptlieferanten für Erdöl aus Russland und den Nordseeanrainer kommen. Selbst wenn die gesamte Exportkapazität Libyens (1,1 Millionen Barrel/Tag) zusammen bräche, würde das nicht zu nennenswerten Engpässen beim weltweiten Bedarf von 89 Millionen Barrel/Tag führen. Aber wenn weitere Erdölstaaten in politische Unruhen verwickelt werden, dann würde die Unsicherheit in der Finanzwelt zunehmen und das ließe den Ölpreis, unabhängig von fundamentalen Gründen, weiter steigen.

Brent und WTI

Normalerweise sind die beiden wichtigsten Ölsorten Brent und WTI praktisch aneinander gekoppelt und variieren preislich nur minimal. Doch seit Anfang November hat sich eine Preisschere zwischen den Ölsorten aufgetan. Der Preis für Brent Crude hat seit dem Beginn der Unruhen, im Gegensatz zu WTI, besonders deutlich angezogen. Brent stammt aus der Nordsee und WTI aus Amerika und Nordafrika. Da WTI generell als feinere Ölsorte angesehen wird, gilt es als Referenzpreis für hunderte von Ölsorten. Aber bei WTI gab es jüngst eine Sondersituation. Aufgrund der schleppenden US Konjunktur entstand ein extrem hoher Lagerbestand an WTI in den US Depots, was den Preis unten hielt. WTI kostete bis vor wenigen Tagen nur um die 90 USD. Brent dagegen ist bereits auf einem zweieinhalb Jahreshoch bei über 113 USD angelangt. Mittlerweile schließt sich die Preisschere der beiden Ölsorten wieder, aber auf dem Niveau von Brent Crude.

Brent Crude Chart

                        WTI Chart

Sollten die politischen Unwägbarkeiten in den OPEC-Staaten weitergehen, bleibt zu befürchten, dass die Preise für Erdöl weiter steigen. Das schadet der Wirtschaft und erklärt die halbherzige Unterstützung der westlichen Regierungen bei den  Demokratisierungsversuchen in Nordafrika. Der Verlierer ist der Bürger, der nun horrende Benzinpreise zahlen muss. Gewinner könnten neben den Spekulanten noch die erdölexportierenden Nationen sein. Doch auch die erdölexportierenden Länder haben nur dann einen Vorteil von stark steigenden Erdölpreisen, solange ein gewisser Punkt nicht überschritten wird und die Weltkonjunktur einbricht. Deshalb haben auch die OPEC-Staaten ein Interesse daran den Erdölpreis zu deckeln und mögliche Engpässe in der Ölversorgung mit den vorhandenen Förderreserven auszugleichen.

Fazit

Zumindest solange die Unruhen anhalten, wird der Ölpreis im Fokus der Zocker stehen und weiter steigen. Die überraschende Entwicklung in Tunesien und Ägypten hin zur Demokratie ist zu begrüßen und verdient unsere Unterstützung. Doch noch kann derzeit keiner abschließend sagen, wer zum Schluss die Macht gewinnt. Die Welt braucht wieder schnellstens stabile politische Verhältnisse in den erdölexportierenden Ländern Afrikas. „Politische Börsen haben kurze Beine“ sagen die Optimisten auf dem Frankfurter Parkett. Das würde für eine zeitnahe Normalisierung des Ölpreisniveaus sprechen. Aber der Preis von Brent Crude war bereits ab November, aufgrund steigender Nachfrage, auf dem Vorwärtsmarsch. Und kaum jemand hatte das so recht auf dem Schirm, da zu sehr auf das WTI (Ölreferenzpreis) geachtet wurde. Die politischen Unruhen in Afrika sind nicht der einzige Grund für den hohen Ölpreis, sondern nur als zusätzlicher Impuls zu sehen. Der weltweit gestiegene Bedarf nach Öl und ein verstärktes Zocken an den Terminbörsen macht Öl teurer. Das ist ein längerfristiger Trend.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Webseite nutzt Tools von Drittanbietern. Sie können mehr darüber erfahren, welche Dienste wir verwenden und sie in den Privatsphäre-Einstellungen (de)aktivieren.
OKEinstellungen

DSGVO

  • Marktüberblick von Stockdio.com

Marktüberblick von Stockdio.com

Diese Webseite nutzt Aktienkurse und Marktdaten von Stockdio.com. Mit Ihrer Zustimmung werden die Daten von den Server von Stockdio.com geladen.

Weitere Informationen zu den Datenschutzbestimmungen von Stockdio.com finden Sie unter https://www.stockdio.com/privacy-policy.html.