Um Drogen-Konsum zu verhindern, muss man Schlupflöcher schließen und Mittel zur Kontrolle des Missbrauchs finden. Die internationale Bankenregulierung täte gut daran dem Beispiel zu folgen, denn der „Schattenbanksektor“ wächst besorgniserregend.
In der „Prohibition“ (1919-1933) waren in den USA der Verkauf, die Herstellung und der Transport von Alkohol landesweit verboten. Unter dem steigenden Druck der „Enthaltungsbewegung“ -die eng mit der Frauenbewegung verknüpft war- und der fortschreitenden Lebensmittelknappheit durch den Ersten Weltkrieg, entschied der US Senat am 18.12.1917 den „Prohibition Act“. Obwohl Alkoholkonsum fortan verboten war, wurde von den Behörden zu wenig getan, um das Gesetz voll durchzusetzen. Zu viele Ausweichmöglichkeiten (Fluchtwege) waren vorhanden um den Alkohol nun illegal zu vertreiben und zu konsumieren. Das Geschäft war extrem lukrativ, denn die Gewinnspannen des „Schattenmarkts“ waren hoch. So lohnte es sich selbst das Risiko der Entdeckung auf sich zu nehmen. In sogenannten „Flüsterkneipen“ wurde fortan der „Sprit“ unter der Hand veräußert. Und die Behörden hatten nicht die Mittel und den Willen um diesem Treiben ein Ende zu setzen.
Nach den Verwerfungen der Finanzkrise, die durch den weltweiten Verkauf von wertlosen US Immobilien Verbriefungen ihren Höhepunkt fanden, waren die Regierungen der G-20 Staaten bemüht die Finanzwelt neu zu ordnen. Die Regulierung der internationalen Finanzmärkte hatte dabei höchste Priorität. Das „Monster“ das man geschaffen hatte, sollte gezähmt werden. Doch nur die Bankenregulierung stand im Fokus der Neuordnung. Über ein Finanzmarkt-Reformpaket (Basel III) wird seither in der der Schweiz verhandelt, um die in der Finanzkrise offenbarten Schwächen des Banksystems zu beseitigen. Viele Details des Reformpakets sind bereits durchgesickert. Dazu gehören erhöhte Eigenkapitalanforderungen für Banken, verbesserte Risikodeckung, eine Verschuldungsgrenze für Banken und Maßnahmen gegen systemische Risiken. Allerdings greifen die Maßnahmen erst nach einer mehrjährigen Übergangszeit. Doch reicht das alles aus, um eine weitere Finanzkrise zu verhindern? Wenn es sich im Finanzsektor nur um die Banken handeln würde, könnte man -sobald die Reformen auch greifen- etwas beruhigter schlafen.
Doch international agierenden Banken haben sich „Schlupflöcher“ oder „Flüsterkneipen“ gegen derartige Regulierungszwänge gebaut. In diesen „Flüsterkneipen“ wird unkontrolliert und ungeprüft mit Billionen US Dollar „auf Teufel komm raus“ gezockt. Es sind die gleichen Verdächtigen mit denen wir bereits in der letzten Finanzkrise unliebsame Bekanntschaft gemacht haben. Hedge Fonds, Private Equity Firmen und Zweckgesellschaften. Internationale Investment Banken kaufen sich oder gründen Gesellschaften, mit denen sie Geschäfte nach eigener Facon betreiben können. Das Paradies hat einen Namen „Cayman Islands“. Um einen Eindruck von der Größenordnung des „Schattenbankmonsters“ zu erhalten, sollte man folgende Zahlen kennen. Alleine in den USA sind die Verbindlichkeiten von „Schattenbanken“ auf 15,3 Bill. USD in den letzten paar Jahren angewachsen. Das entspricht der Gesamtverschuldung der USA. Die Schulden des öffentlichen Bankensektors betragen dagegen „nur“ 12,9 Bill. USD. Je mehr der offizielle Bankensektor reguliert wird, desto mehr Geld fließt in die „Flüsterkneipen“. Dort sind die Gewinnmargins, im Gegensatz zum offiziellen Banksektor, hoch, denn man kann mit weniger eigenem Geld mehr Risiko eingehen. Nun wird es höchste Zeit, das wir auch Hedge Fonds, Zweckgesellschaften und –nicht zu vergessen- den Optionsmarkt (600 Bill. USD Volumen) an die Leine nehmen. Schlupflöcher müssen endlich gestopft werden, bevor es zu spät ist. Das ist alles längst bekannt, denn auch der Ex-EZB-Chef Jean Claude Trichet warnte kürzlich vor der Gefahr die vom „Schattenbankensektor“ ausgeht. Was fehlt ist nur die Entschlossenheit der G-20 Regierungschefs, geschlossen für Reformen zu sorgen. Wenn die Politiker nicht bald den Willen zeigen Mittel zur Regulierung der „Flüsterkneipen“ zur Verfügung zu stellen, dann wird die Rechnung einiger Finanzhaie wieder aufgehen. Wenn dann wieder was schief geht, dann rettet der Steuerzahler wieder das System und die Verantwortlichen können für den Rest ihres Lebens wieder Golf spielen.
Der Artikel erschien am 09.04.2011. Seit dem ist international nicht viel passiert. Vor allem deshalb, weil die regulatorischen Anstregungen der Anlgoamerikaner beinahe vollends erlahmt sind. Die Briten und Amerikaner sorgen sich mittlerweile eher um ihren „gefährdeten“ Finanzsektor und lassen weitere Beschneidungen ihres Profitcenter nicht zu. Schlechte Aussichten.