Oliver Roth – Die Macht der Kapitalströme Teil I

 Teil1

Kapital hat eine rationale Logik, es wird dahin gehen, wo es Geld verdienen kann, es wird logische Entscheidungen treffen, wo und wie es investiert. Wenn ihm eine bestimmte Region oder eine bestimmte Industrie nicht gefällt, geht es woanders hin. Regierungen und Gesellschaften, die sich dieser Marktlogik entziehen, werden bestraft.“

Der Einfluss der internationalen Kapitalströme auf die Weltwirtschaft ist mittlerweile enorm und nimmt ständig zu. Das Kapital verhält sich dabei wie eine Biene. Es fliegt von Blume zu Blume auf der Suche nach  dem süßesten Nektar. Es ist unbestritten, das damit viele positive Effekte für die Weltwirtschaft verbunden sind. Die zunehmende Abhängigkeit von diesen Geldströmen, birgt jedoch auch große Gefahren für die Stabilität der Weltökonomie. Was ist der süßeste Nektar für Investoren? Hohe Rendite ist sicher ein wesentlicher Faktor. Aber es gibt duzende weiterer Faktoren welche die internationalen Kapitalströme beeinflussen können. Zeit sich vermehrt darüber Gedanken zu machen, wie diese Ströme funktionieren und wie man sie lenken kann.  In dieser Serie werde ich mich damit beschäftigen welche Faktoren das Kapital beeinflussen und welche Chancen und Risken damit verbunden sind.

In Teil I beschäftige ich mich mit der Frage was Kapitalströme sind und  wie sie sich innerhalb der letzten zehn Jahren zu einer echten Gefahr für die Stabilität der Weltökonomie entwickelt haben.

 Was sind Kapitalströme?

Der Kapitalstrom ist Geld, das zu Investitionszwecken von einem Land in einen anderen Markt (Land) transferiert wird. Länder mit der höchsten Investitionsrendite infolge hoher Zinsen, Wirtschaftswachstum und Wachstum an den inländischen Finanzmärkten ziehen in der Regel vermehrt ausländisches Kapital an. Dabei unterscheidet man zwischen Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen. Bei internationalen Direktinvestitionen investiert man zum Zwecke der Produktion im Ausland. Man kauft oder baut ein Unternehmen und transferiert dabei nicht nur Kapital, sonder zusätzlich Wissen und Technologie. Anders bei der Portfolioinvestition. Dabei wird nur Kapital in lukrative Märkte transferiert, um vor ort in die Finanzmärkte zu investieren. Die Empfängerländer haben dadurch einen positiven Kapitalfluss. Wenn der Aktienmarkt eines Landes sich gut entwickelt und hohe Zinsen geboten werden, dann werden ausländische Quellen davon angezogen und das Kapital in dem jeweiligen Land investiert. Aber besonders kleinere Länder –mit geringer Infrastruktur- geraten in Gefahr abhängig von Auslandskapital zu werden. Es sorgt zwar im ersten Schritt für „blühende Landschaften“, aber im Falle einer Krise wird das Geld dann plötzlich wieder abgezogen. Kleinere Volkswirtschaften trifft eine Finanzkrise – wie 2008 – deshalb doppelt hart. Es ist wie mit Ebbe und Flut. Bei Flut presst das Geld in Länder mit hohen Zinsen, hohem Wirtschaftswachstum und attraktiven Börsen. Es werden Kredite verstärkt nachgefragt und auch vergeben. Im Falle einer externen Krise oder internen Verschlechterung der Rahmendaten erfolgt dann übergangslos die Ebbe. Plötzlich und konsequent ziehen ausländische Investoren das Geld wieder ab.  Das Ergebnis ist, dass die Finanzmärkte dieser Länder kollabieren, die Immobilienpreise abstürzen und die Banken auf ihren „faulen Krediten“ sitzen bleiben, weil die Schuldner nicht mehr zahlen können. Im Falle einer Abwärtsspirale verstärken sich diese Effekte mit zunehmender Abhängigkeit vom Fremdkapital.   

 

Vorgeschichte

Die internationalen Kapitalströme haben sich innerhalb der letzten Jahrzehnte vervielfacht. Zunächst  floss das Geld hauptsächlich innerhalb der Industrienationen hin und her. Doch im letzten Jahrzehnt verstärkte sich zusehends die Anziehungskraft der Schwellenländer. Seit dem Beginn des Jahrtausends erhöhte sich der Nettokapitalzufluss innerhalb der Industrienationen nur unmerklich, wo hingegen der Zufluss in Schwellenländer drastisch anstieg. So stieg der Nettozufluss von 25 Mrd. USD in 2000 auf 550 Mrd. USD im Jahre 2007. Die Globalisierung der Weltökonomie ist dafür als Auslöser auszumachen. Eine wachsende Bevölkerung, verbesserte Infrastrukturen und günstige Arbeitskräfte sorgten dafür, dass die Ökonomien der Schwellenländer zunächst als Produktionsstätte und später als Absatzmärkte entdeckt wurden. Durch die Revolution der Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) wurde es der Wirtschaft erst ermöglicht die industriellen Produktionsabläufe zu Segmentieren und zu internationalisieren. Waren wurden so vermehrt im  Absatzmarkt direkt hergestellt.  Das einzige was dazu nötig war, waren schnelle und sichere Kapitaltransaktionen in größerem Ausmaß. Diese großvolumigen Finanztransaktionen wurden erst durch die weltweite Liberalisierung des Handels und der Finanzmärkte möglich. Diese Direktinvestitionen sind auch heute noch ein wesentlicher Bestandteil aller Kapitalströme. Doch auch Finanzjongleure erkannten bald den großen Vorteil von schnellen Finanzumschichtungen. Investoren legen in stetig steigendem Volumen ihr Geld in Finanz- und Immobilienmärkten von Schwellenländern an. Die Zinsen und das Wachstum sind hoch und die Börsen- und Immobilienpreise steigen durch kontinuierlichen Kapitalzufluss. Doch nach der Flut kommt die Ebbe. Mit der Krise von 2008 brach der Kapitalstrom plötzlich ab. Die Industrieländer brauchten nun das Kapital selbst um Schulden zurück zu zahlen. Ergo wurde es aus Schwellenländern in großen Mengen abgezogen. Diese Ökonomien aber hatten bereits einen weit entwickelten Finanz- und Binnenmarkt, so dass die Abhängigkeit vom Fremdkapital begrenzt war. Dieser Umstand rettete sie nicht nur vor dem Zusammenbruch der Wirtschaft, sondern lies sie sogar gestärkt aus der Krise gegenüber den Industrienationen hervor gehen, deren Kapital kurz darauf wieder in Scharen zurückkehrte.

Doch weniger gut strukturierte Länder, leiden noch heute unter den Kapitalabflüssen der letzten drei Jahre.  Im Jahre 2007 flossen 550 Mrd. USD in Schwellenländer. Drei Jahre später fiel die Investitionssumme in der Krise um 90% auf kurzfristig unter 50 Mrd. USD, um zwei Jahre darauf wieder auf 250 Mrd. USD Nettozufluss anzusteigen. Anhand dieser Zahlen erkennt man, dass von der Schwankungsanfälligkeit der Kapitalströme und den Abhängigkeiten bestimmter Länder vom Fremdkapital die Gefahr für Weltwirtschaft ausgeht. Bisher gibt es noch keine internationale Regelung um diesen Schwankungen zu beherrschen. Der IWF versuchte 1998 eine internationale Regelung für die Kapitalströme zu erwirken. Aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Weltengemeinschaft blieb es bei der bloßen Absicht. Es reicht hierbei nicht über die Frage zu debattieren, ob Kapitalzufluss kontrolliert werden sollte oder nicht.   Es sollte viel mehr darüber gesprochen werden, was die Gründe oder die Antreiber für  übermäßigen Kapitalzufluss sind. Regelungen zu Kapitalströmen sind bisher nur als regionaler oder bilateraler Flickenteppich erkennbar. Ein internationaler Maßnahmenkatalog die Kapitalzuflüsse zu regulieren und Nehmerländern zu helfen Strukturen zu entwickeln um Abhängigkeiten zu begrenzen, sind dringend erforderlich.

Im zweiten Teil der Trilogie über Kaptitalströme beschäftige ich mit den Faktoren die Kapitalströmungen so schwanken lassen. Und damit welche Mittel es dagegen gibt.

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